Zwei Minuten

29.04.2024

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Aufgrund zweier fremdenfeindliche Aktionen im schulischen Kontext hat sich die Schulfamilie entschlossen eine gemeinsames Zeichen zu setzen für ein tolerantes Deutschland und gegen Fremdenfeindlichkeit. Als "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" aktiv zu werden gegen Rassismus, Antisemitismus und rechtsextreme Gewalt ist für uns eine Herzensangelegenheit.

HGT-Schulfamilie setzt Zeichen gegen Rassismus!

Kurz nach Unterrichtsbeginn am heutigen Montag ertönt in den Klassenzimmern des HGT eine Durchsage von Herrn Schramm, dem Schulleiter, dass sich alle SchülerInnen und Schüler in die Aula begeben sollen.  Bei vielen herrscht zunächst Ratlosigkeit, hatte es doch so etwas noch nie gegeben. Doch Herr Schramm lüftet gleich zu Beginn der Aktion das Geheimnis: Wie auch schon im Trostberger Tagblatt zu lesen war, gab es in den vergangenen Wochen in der Region vermehrt rassistische Übergriffe von Jugendlichen.

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Bei dem Vorfall im Obinger Strandbad waren es unsere Schülerinnen und Schüler, die sich gegen diese Übergriffe zur Wehr gesetzt haben und dagegen eingeschritten sind. Auf der Austauschfahrt nach Paris hingegen haben Schüler unserer Schule in Anlehnung an einen üblen TikTok-„Trend“ rechtsradikale Parolen gesungen. Diese Vorfälle, aber auch die erschreckend vielen extremistischen Unterwanderungen in den sozialen Medien haben das Lehrerkollegium dazu veranlasst, eine schulinterne Aktion zu starten, um sich klar gegen jegliche Form von Rassismus und Diskriminierung zu positionieren.

Innerhalb kurzer Zeit erarbeiteten die SMV, der Elternbeirat und die Lehrkräfte ein gemeinschaftliches Programm, das allen Schülerinnen und Schülern an diesem Montagmorgen präsentiert wurde.

Nach der Erläuterung der jüngsten Vorfälle durch Herrn Schramm zu Beginn formierte sich zunächst das Kollegium klar gegen rechts, indem die beiden Lehrer Herr Müller und Herr Wolf ihre persönliche Betroffenheit und ihre Gedanken dazu zum Ausdruck brachten mit dem einhelligen Tenor, dass diskriminierende und rassistische Äußerungen, Haltungen und Handlungen in keiner Weise tolerierbar seien und nirgendwo auf der Welt etwas zu suchen hätten, schon gar nicht aber am HGT.

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Um den Schülerinnen und Schülern klarzumachen, was Rassismus und Diskriminierung mit den Betroffenen macht, erfolgte im weiteren Verlauf ein Perspektivwechsel: Schülerinnen und Schüler des HGT mit Migrationsgeschichte ließen anonymisiert von ihren Mitschülerinnen und Mitschülern ihre persönlichen Erfahrungen mit (alltäglichem) Rassismus vorlesen. Ihre Schilderungen zeigten, wie sehr sie diese, von vielen bloß als „Spaß“ angesehenen Äußerungen tatsächlich treffen und wie unwohl sie sich deshalb auch oft in der Schule fühlen.

Als nächstes kam Frau Sänger zu Wort, die berichtete, wie sie den Vorfall in Paris wahrgenommen hat. Ihren Worten zufolge seien sie und Frau Fuchs als Begleitlehrkräfte dieser Fahrt schockiert und fassungslos gewesen, da sie das unseren Schülern niemals zugetraut hätten. Besonderes Lob verdienten diejenigen, die sich getraut haben, den Vorfall zu melden, weil sie trotz vielleicht negativer Konsequenzen für sich von Seiten ihrer Mitschüler den Mut dazu aufbrachten, dagegen einzustehen.

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Danach hielt Frau Haible als zweite Elternbeiratsvorsitzende eine eindrucksvolle Rede an die Schulfamilie mit dem Thema "2 Minuten", in der sie alle dazu aufrief, nicht einfach wie ein Echo alle fragwürdigen Trends nachzuplappern, sondern mutig zu sein und sich klar gegen Rassismus und Diskriminierung zu positionieren.

2 Minuten

Liebe Schülerinnen und Schüler, sehr geehrter Herr Schramm, liebe Mitglieder der Schulgemeinschaft,

ich spreche im Namen des Elternbeirates, Herr Schramm hat uns gebeten, ebenfalls ein kurzes Statement abzugeben. Mein Name ist Ina Haible, ich bin die 2.Vorsitzende des Elternbeirates und Mutter eines involvierten Kindes. Um im zeitlichen Rahmen zu bleiben, habe ich versucht, meine Rede auf 2 Minuten zu begrenzen.

2 Minuten...
Das reicht nicht, um die zwei Vorfälle zu erzählen, aber das wurde mittlerweile schon oft genug getan.

2 Minuten...
Das reicht nicht, um die zwei Vorfälle zu bewerten. Aber das ist auch nichts, was mir zusteht.

2 Minuten...
Das reicht nicht, um die zwei Vorfälle aufzuarbeiten. Dazu braucht es Zeit, viele Menschen und Veranstaltungen wie diese - hier und heute.

2 Minuten...
Vielleicht war das die Dauer des Liedes im Frankreichaustausch, dessen fremdenfeindlich veränderte Textzeilen unsere Schüler und Mitläufer gegröhlt haben.

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2 Minuten...,
die vieles kaputt gemacht haben. Sie haben gereicht, um geschockte und überforderte Mitschülerinnen und Mitschüler zu hinterlassen. Sie waren zu kurz um sich gleich den begleitenden Lehrern anzuvertrauen, denn man musste erst noch abwägen:  verscherzt man es sich eventuell mit Freunden, mit denen man noch jahrelang zusammen sein wird oder schaut man weg, was sicherlich einfacher gewesen wäre. Ein paar Schülerinnen und Schüler haben die richtige Entscheidung getroffen und die Lehrer informiert.

2 Minuten...
die Zeit hat gereicht, dass einige Jugendliche in Obing wegen polnischer Lieder und Sprache ausgeflippt sind und verbal und körperlich unsere Schülerinnen und Schüler und deren polnische Austauschpartner fremdenfeindlich bedroht haben.
Diesmal wurden direkt Eltern und später auch die Polizei zu Hilfe gerufen. Vielleicht hat dazu auch der erste Vorfall beigetragen, der und dessen Auswirkungen in einigen Köpfen schon präsent waren. Dann war er wenigstens für diese Sache gut.

Meine 2 Minuten sind gleich vorbei. Ich möchte euch zwei Sachen mit auf den Weg geben:

Seid nicht das Echo von jemandem. Ein Echo wiederholt nur ohne Nachzudenken und ohne eine eigene Meinung zu haben. Habt eine Meinung, überlegt gut und steht dazu.

Habt die Reife und die Fähigkeit zu erkennen, was richtig und was falsch ist und den Mut, das zu ändern was ihr nicht ertragen könnt, denn wir verändern die Welt nicht nur mit dem, was wir tun, sondern auch mit dem, was wir nicht tun.

Danke an alle, die etwas dafür getan haben, etwas dafür tun und etwas dafür tun werden, dass das Miteinander in dieser Welt für uns alle besser und die Welt lebenswerter wird.                

 Vielen Dank

Dass Rassismus in der Welt nichts zu suchen hat, wurde den Schülerinnen und Schülern weiter klar, als ihnen als nächstes im Rahmen einer modernen Interpretation des bekannten Textes „Dein Christus ist ein Jude“ aufgezeigt wurde, wie globalisiert und vernetzt unsere heutige Welt ist, in welcher wir Menschen in allen Bereichen von fremden Kulturen profitieren.

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Wie kann nun jeder Einzelne aus der Schulfamilie ein Zeichen gegen Rassismus setzen? Dazu wurden von der Kunstlehrerin Frau Mehler in Anlehnung an das Logo des Vereins „Zeichen setzen – für ein weltoffenes Deutschland“ Buttons kreiert, die allen Schülerinnen und Schülern kostenlos zur Verfügung gestellt werden und die jeder für sich freiwillig tragen kann. Zudem warb die Schülersprecherin Paula Kießling für eine Wiederbelebung des Arbeitskreises „Toleranz“, der zu früheren Zeiten viele großartige Aktionen geplant hatte und deswegen auch mit dem Dietrich-Bonhoeffer-Preis ausgezeichnet worden war.

Musikalisch dazu passend wurde das Lied „Sage nein“ von Ezé eingespielt, um auch damit zu verdeutlichen, wie wichtig es ist, klar gegen jegliche Form von Rassismus und Diskriminierung einzustehen.

Im nächsten Beitrag berichteten die Lehrkräfte Herr Frisch und Frau Liss-Schneider, dass sie tschechische und polnische Wurzeln haben, und verdeutlichten ihre Herkunft mit einem kleinen Aufkleber auf einer Weltkarte.

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Damit luden sie alle Schülerinnen und Schüler dazu ein, auch ihre Wurzeln mit einem solchen Aufkleber zu kennzeichnen. Als Symbol für die Weltoffenheit unserer Schule soll die Karte von nun an in der Aula hängen, damit sich alle Schülerinnen und Schüler am HGT herzlich willkommen fühlen.

Beendet wurde die Aktion sehr stimmungsvoll mit dem Lied „People help the people“ von Birdy, welches von unseren Schülerinnen und Schülern Ana Munteanu, Magdalena Klein, Maxim Janzen, Tom Gastner und Joelle Sutter alias „Godie-Band“ dargeboten wurde.

Nach diesem knapp einstündigen Programm hatten alle Schülerinnen und Schüler im Rahmen einer Klassenleiterstunde die Möglichkeit, über die Aktion sowie das Thema „Rassismus“ zu sprechen und zu überlegen, was sie selbst machen können, um klar ein Zeichen gegen rechts zu setzen.

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