<<Le Grand Tour >> (frz. die große Reise) ist die Bezeichnung für eine oft mehrjährige Reise, die vor allem Söhne des englischen Adels im 17. und 18. Jahrhundert zu den kulturellen Zentren des Kontinents unternahmen, um ihrer Bildung den letzten Schliff zu verleihen. Einer der Höhepunkte dieser Unternehmung war „campania felix“, wie schon die Römer die Gegend um Neapel nannten. Der englische Schriftsteller Edward Gibbon (1737-1794) fasst die nötigen Eigenschaften eines Reisenden so zusammen: "Er sollte (...) über eine große, unerschöpfliche Energie verfügen, die jeder Fortbewegungsart standhält und ihm erlaubt, alle Widrigkeiten (…) mit einem Lächeln zu ertragen. Sie muss ihn außerdem zu unermüdlicher Neugier antreiben. All dies bringt ihn dazu, zu jeder Tages- und Nachtzeit Überschwemmungen zu trotzen, Berge zu erklettern oder in Minen hinabzusteigen, sobald sich nur die geringste Gelegenheit zu bieten scheint, sich zu vergnügen oder etwas zu lernen."
Die
Reisegruppe 2017 erwies sich als absolut tourtauglich. Von Bildungshunger
angetrieben, erkundete sie Herculaneum und Pompeji, bewunderte die drei großen
griechischen Tempel in Paestum und betrat zahlreiche Museen, wo sie auf
Kunstwerke traf, die sie aus den Geschichts- und Lateinbüchern kannte. Unterwegs ließ sie auch eine Büffelmozzarellakäserei nicht links liegen. Die Reisenden blickten vom Kraterrand auf die
Fumaroli, die Schwefeldämpfe aus den Tiefen der Solfatara und grüßten mehrmals
den Vesuv im Vorüberfahren, denn eine Preissteigerung von über 300 % im
Vergleich zum Vorjahr und eine ungünstige Wetterlage am Sonntag legten den
Entschluss nahe, auf den Blick in den Höllenschlund zu verzichten.
Doch wagten sie sich furchtlos in das unterirdische Neapel, natürlich nicht, ohne sich vorher im Dom des Beistandes des heiligen Gennaro zu versichern und dabei die Vorbereitungen auf das Fest des Blutwunders am folgenden Tag (19. September) mitzuerleben. Außerdem hielten sie ohne zu Jammern den kurvenreichen Fahrten zur Unterkunft „Villaggio Nettuno“ stand und erkletterten voller Energie einen Berg, von Macchia überwuchert, um an die Bucht von Ieranto zu gelangen: Badevergnügen vom Feinsten.
Eine Bootsfahrt bei reinstem Caprisonnenschein entlang der Amalfiküste, mit Aufenthalten in Positano, Amalfi und einer Fahrt durch die Smaragdgrotte belohnte am letzten Tag die glücklichen Reisegefährten – und in der Nähe der Sirenenfelsen Li Galli brauchten sie sich kein Wachs in die Ohren zu stopfen, denn die Reiseführerin hieß nicht Parthenope, sondern Zaïra und ihre Ausführungen waren ein echter Ohrenschmaus.
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